PLANUNG & ALTERNATIVEN

Bauvorhaben Nr 461 südlich der Nagahama Allee, zwischen Schäfflerbachstraße und Hanreiweg

Bebauungspläne des Stadtplanungsamtes Augsburg / amtlich kartierte Biotopflächen

Luftaufnahmen: Bayerische Vermessungsverwaltung 2015
Die rot schraffierten Linien weisen amtlich kartierte Biotopflächen aus.

ALTERNATIV-VORSCHLAG 1

BUND Naturschutz Ortsgruppe Augsburg e.V.

Umverteilung der Punktbebauung auf höhergeschossige Wohnriegel, um den Anforderungen innerstädtischen Bauens gerecht zu werden und insgesamt wesentlich mehr Grün zu erhalten. Die 3D-Visualisierung zeigt ein Lösungsbeispiel, wie man – mit etwas gutem Willen – problemlos auch unter Einbeziehung des Gärtnerhauses hätte planen können.

Ursprüngliche Planung: Das Gärtnerhaus »klemmt« genau zwischen zwei Punkthäusern!

Durch Wegfall von drei Punkthäusern …

… und Verlagerung der entsprechenden Wohnfläche, u.a. durch Aufstockung der Wohnriegel bzw. Verbindung von Punkthäusern durch Brückenelemente hätte man das inzwischen abgerissene Gärtnerhaus mitsamt Heizhaus retten können. Nun könnten auf diese Weise wertvolle Grünflächen und Baumbestände erhalten bleiben.

ALTERNATIV-VORSCHLAG 2

VOLKER SCHAFITEL
ARCHITEKT

… Wenn die vorhandenen Baufenster ohne Erhöhung der Geschosszahlen optimal ausgenutzt werden, entstehen deutlicher abgegrenzte Wohnquartiere und Höfe, wodurch sich die gleiche, wenn nicht sogar eine höhere Wohnnutzung ergibt.

Abgesehen von der Nutzung entsteht durch den Wegfall der Punkthäuser eine konsequente städtebauliche Form. Der Riegel-Punkthaus-Mix hat schon an vielen Stellen der Stadt zu sehr unbefriedigenden städtebaulichen Ergebnissen geführt.

Entsprechend der Beurteilung des Expertenkolloquiums von 1989 aus Fachleuten von Wien, Salzburg, Berlin usw., unter Vorsitz von Architekt Gerhard Ludwig regen wir an, das Gärtnerhaus mit seinen Glashäusern unter Ensembleschutz oder besser noch unter Denkmalschutz zu stellen, und den Bebauungsplan so zu ändern, dass der Eingriff in die vorhandene Park- und Gartenstruktur möglichst gering gehalten wird.

Volker Schafitels gesamter Beitrag beim Architekturforum Augsburg:
architekturforum-augsburg.de

Alternativ-Bebauungsplan: Volker Schafitel Architekt

Aus dem Schreiben des BUND Naturschutz in Bayern e.V., Ortsgruppe Augsburg
vom 6. April 2016

Stellungnahme zum Bebauungsplan Nr 461
„südlich der Nagahama Allee, zwischen Schäfflerbachstraße
und Hanreiweg“

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir bedanken uns für die Aufforderung zur Stellungnahme zum Bebauungsplan Nr. 461. Leider sehen wir in diesem Bebauungsplan eine nicht genutzte Chance in einem schönen Bereich des Textilviertels eine zukunftsfähige und nachhaltige Wohnnutzung zu entwickeln.

Zahlreiche Gutachten zum Textilviertel gehen auf die städtebaulichen und ökologischen Besonderheiten ein. Der Bebauungsplan dagegen bildet ein Wohngebiet ab, das irgendwo in Deutschland stehen könnte und von einem x-beliebigen Bauträger geplant wurde.

Uns ist bewußt, dass schon jetzt Baurecht für Gewerbe auf dem Gelände besteht. Auch wenn die überbaute Fläche durch die Punkthäuser geringer ist: bei der Gewerbebebauung würden weniger Bäume fallen. Warum wird bei der Umplanung von Gewerbe in Wohnbau- oder Mischgebietsflächen, nicht die Chance ergriffen, etwas Besonderes, die historischen Nutzung sichtbar machende, innovative und identitätsstiftende Bebauung zu verwirklichen?

Zu einem Landschaftspark gehören Bäume und Freiflächen. Nachdem die Gebäude sehr nah an den ehemaligen Direktorenvillengarten heranrücken, ist die Freifläche als solches kaum mehr erlebbar. Ein Platz, um Fussball oder Frisbee zu spielen, könnte der neu entstehende verkehrsberuhigte Bereich am Gärtnerhaus werden. Nicht akzeptabel ist für den Bund Naturschutz, dass die Grünfläche mit Bäumen und Wiesen so stark verkleinert wird und die biotopkartierten Bereiche mit ihrem wertvollen Baumbestand fast zur Hälfte verschwinden sollen (siehe auch spezielle artenschutzrechtliche Prüfung). Das betroffene Gebiet gehört wegen seiner Größe und Ausdehnung zu den letzten Grünanlagen im Textilviertel und ist damit für die Struktur des Textilviertels von ausschlaggebender Bedeutung.

Unsere Forderungen an den Bebauungsplan sind folgende:

• Eine Verkleinerung der überbauten Fläche, so dass mehr von den
bestehenden Grünstrukturen (Hecken, große Bäume und Obstwiese) stehen bleiben kann. Die fehlende Grundfläche könnte durch die Erhöhung der dreigeschossigen Gebäude auf 4 Geschosse ausgeglichen werden, durch geringfügige Verkleinerung der einzelnen Wohnungen und Optimierung der
Grundrisse.

• Wir fordern den Verzicht auf das Baufeld 2.2. Dann könnte eine weitere Baumgruppe, das Gärtnerhaus und umgebende Obstbäume erhalten werden, der Park wäre von der verkehrsberuhigten Erschließungsstraße aus erlebbar, ein
Gemeinschaftsgarten könnte sich auf dem ehemaligen Gärtnereigelände anschließen und einen historischen Bezug zur Vornutzung herstellen. – 56 Bäume, die in unter die Baumschutzverordnung fallen, sollen bei der geplanten Bebauung gefällt werden. Nachdem die Baukörper und auch die Tiefgaragen sehr nah an weitere Gehölzstrukturen hinreichen, sind infolge der Bauarbeiten weiteren Fällungen vorprogrammiert. Im Süden reicht eine Baulinie für die Tiefgarage 5 Meter an den Stamm für einen großen Baum, der laut Plan stehenbleiben soll. Wie soll das mit der notwendigen Baugrube gelingen?

• Mehrfach ist im Textteil von den Emissionen, die von der stark befahrenen Nagahama Allee ausgehen, die Rede. Gerade deswegen braucht es den Baumbestand, um gesunde Wohnverhältnisse und bessere lufthygienische Bedingungen für die zukünftigen Wohnungen zu erreichen. Die demnächst in Augsburg stattfindenden Baumpflegetage werden wieder auf die Bedeutung von Stadtgrün und von großen Bäumen im Hinblick auf den Klimawandel eingehen.
Die Umweltstadt Augsburg hätte mit dieser Grünfläche wieder eine Gelegenheit, alte Großbäume mit viel Blattoberfläche zu erhalten.

Beim Blick auf das Luftbild sehen Sie, dass der Martinipark die größte Parkfläche im Stadtteil ist. In der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung wird beschrieben, dass die Hälfte der Grünflächen verloren geht. Für die betroffenen Vogelarten stellt sich damit die Frage, wohin sie dann noch ausweichen sollen.

(…)
Der Tierwelt (und dem Luftfilter Blattoberfläche) ist es auch egal, ob der Martinipark öffentlich zugänglich ist oder nicht. Insofern ist für uns nicht nachvollziehbar, dass die Stadt anscheinend für den öffentlichen Weg durch den Park so viel Biotopverlust hinnimmt.

Bei unseren Besuchen im Stadplanungsamt konnten wir keinen schriftlich dokumentierten Abwägungsprozess der verschiedenen Belange einsehen. Für den Arten- und Biotopschutz ergeben sich gravierende Eingriffe, die unserer
Ansicht nach mit einer anderen Bebauung deutlich abgemildert werden könnten. Im Umweltbericht findet kein Hinweis auf das Arten- und Biotopschutzprogramm der Stadt Augsburg. Dort ist die Grünfläche als zu erhalten und zu optimieren gekennzeichnet.

Die Stadt Augsburg hat eine Biodiversitätsstrategie. In dieser ist der Baumbestand im Texteilviertel besonders hervorgehoben. Auf die Biodiversitätsstrategie wird im Umweltbericht überhaupt nicht eingegangen. Das Arten- und Biotopschutzprogramm ist eine Leitlinie, an der sich die Stadt bei Ihrer Bauleitplanung orientieren sollte, gerade wenn sie sich Umweltstadt nennt.

Die Stellungnahme des Grünordnungsamtes thematisiert die Größe der Grünfläche, wünscht sich eine naturnahe Ufergestaltung, die Erhaltung von Habitatbäumen an der Lokalbahntrasse und eine kompaktere Bauweise der Gebäude. Die Antwort: die Ufer werden auf ein bis zwei! Metern Breite naturnah gestaltet, eine kompaktere Bauweise geht angeblich nicht. Die Bayerische Bauordnung lässt Ausnahmen zu, warum wird hier kein Gebrauch davon gemacht? Mit welchen Argumenten werden die darin enthaltenen Zielsetzungen übergangen?

Im Integrierten Stadtteilentwicklungskonzept gibt es Themenkarten zu Natur, Freiflächen, Parkräumen. Als Ziel wird z. B. genannt „noch vorhandene naturnahe Bestände sichern“ oder „parkartige Grünanlagen …sichern“. Warum soll nun die letzte größere Grünfläche so stark verkleinert werden? Nur damit der Rest einen öffentlichen Weg erhält? Und ein Teil des Parks in den Unterhalt der Stadt Augsburg übergeht, die mit einem geschrumpften Etat für das Grünamt die Pflege übernehmen muss? Das kann unserer Meinung nach nicht die richtige Rangfolge der Belange sein.

Die anvisierten 350 Wohneinheiten können bei geschickter Anordnung auch auf einer kleineren Wohngebietsfläche errichtet werden. Einige Läden und Büros im Erdgeschoss sind für die Durchmischung und für die „Stadt der kurzen Wege“ auch nicht schlecht. Die Bayerische Bauordnung sieht dafür auch Ausnahmen von den sehr gro.zügigen Abstandsregelungen vor. Wie die Gründerzeitviertel belegen, ist für die Qualität eines Viertels nicht ein möglichst großer Abstand zwischen den Baukörpern entscheidend.

Wohnungen mit viel Grünfl.chen in der Nähe werden auch in Jahrzehnten ein lebenswertes Quartier sein und nicht nur Schlafsilos mit hausmeistergepflegten Abstandsflächen dazwischen. Als Beispiel möchten wir das Antonsviertel nennen, wo die Bebaung sehr dicht ist, aber der Wittelsbacher Park Spielraum und Spazierwege bietet.

Das Textilviertel hat schon so viele Grünflächen verloren. Damit es ein Stadtteil mit gutem Wohnumfeld bleibt, müssen die restlichen grünen Lungen und die Besonderheiten des Textilviertels erhalten bleiben. Der Landschaftspark, das Gärtnerhaus und die Bäche bieten beste Voraussetzungen für ein zukunftsfähiges Wohnquartier mit unverwechselbarem Charakter. Der Bund Naturschutz setzt sich ein für eine lebenswerte Stadt, mit Phantasie, Kreativität, Aufenthaltsqualität und gutem sozialem Miteinander. Schließlich vermindert eine gute Stadtplanung auch das Verkehrsaufkommen.
Wir wünschen uns von der Stadt Augsburg: setzen Sie sich ein für gute Architektur und Gestaltung. Bleiben Sie nicht unter Ihren Möglichkeiten. Als Nebeneffekt bleibt die Artenvielfalt erhalten.

Wir setzen uns ein für Schönheit und Schöpfung,
sowie für gesunde Lebensbedingungen in unserem Raum.

Ann Shaw