Diese Dreieinheit, zwei der prägnantesten Gebäude am Platz mit dem Fahnenmast dazwischen, sollen in wenigen Wochen Geschichte sein.
Im Hintergrund die Housings, angrenzend an die frühere Kasernengrenze.
From Augsburg Germany U.S. Army Friends Group
Ehemals in Augsburg stationierte Amerikaner kommen während des ganzen Jahres – oft samt ihrer Kinder und Kindeskinder – nach Augsburg, um Erinnerungen an ihre schönsten Jahre („best times of my life“) aufzufrischen. Viele haben hier gelebt, gearbeitet, es wurden Kinder geboren, viele haben ihre Schulzeit in Augsburg verbracht.
Bevorzugte Besuchsorte dieser Amerikaner sind die ehemaligen Kasernen-Areale, die Housings, die amerikanischen Schulen und Kirchen (Chapels). Viele äußern sich sehr überrascht und enttäuscht, dass von den vielen hinterlassenen Gebäuden so wenig weiter genutzt wird. Nicht wenige sind geschockt oder traurig, dass von der Sheridan und Flak Kaserne (fast) nichts mehr übrig ist. Auch andere ehemalige markante Orte wie das abgerissene PX Einkaufszentrum (bzw. was davon noch übrig ist) werden gesucht und besucht. „One day the Christkindlmarket will be the only place that we can still visit, the only place that we remember from our past…but our former places will all be gone…. it is almost like we never have been here“, so ein betrübter Veteran bei einem kürzlich geführten Telefongespräch.
Es kommen sowohl Senioren als auch die jüngeren Generationen (die noch bis in die 1990er hier waren) als Touristen nach Augsburg zurück, um alte Schauplätze wieder zu finden. Sie haben im Internet eine Gruppe eingerichtet, in der sich die ehemals in Augsburg stationierten Amerikaner und Augsburger weiterhin treffen und austauschen können, Fotos austauschen und über ihre Reisen nach Augsburg berichten. Die Amerikaner sind sehr daran interessiert was sich in Augsburg tut, insbesondere auch was ihre ehemaligen Kasernen-Areale anbetrifft. Die Besorgnis ist groß, dass mit den verbliebenen Gebäuden auf dem Reese-Areal die letzten Erinnerungsorte an die langjährige, gemeinsame Deutsch-Amerikanische Geschichte in Augsburg verschwinden. Hier einige Äußerungen der letzten Tage aus der Internetgruppe:
I’d be one of the first to sign a petition! Don’t want to see all of the memories of Reese Kaserne gone. I hope something is left when I visit.
(Bill B., 59 Jahre alt, in den 1980ern in Augsburg stationiert, kommt in Kürze wieder nach Augsburg um die alten Plätze zu besuchen)
Ate lunch there many times. It would be great to have here a German/American place to go to when visiting Augsburg.
(Dennis C. über die Mess Hall auf dem Reese Gelände, stationiert in Augsburg 1987-1988)
A WWII building. Kept up in maintenance. It would make a great community building for the Germans. Plus still leave a tribute to our two nations.
(Rich J., 55 Jahre alt, über die Mess hall auf dem Reese Gelände; er war in den 1980ern in Augsburg stationiert)
Please make a Museum from a last Building (on Reese area).
(Stover H., 65 Jahre alt, sie war in den 1970ern in Augsburg stationiert)
Keep it up, don’t destroy it, it is part of my life and my husband’s David!
(Maria D., 60 Jahre alt, Augsburgerin, heiratete Soldat, lebt in USA, kommt regelmäßig nach A.)
Please save the building Mr Mayor. Was my mess hall 1984-1986, ate many meals there. Something like a community place or museum would be a wonderful way of preserving and honoring, the history of Americans stationed there.
(Sherrill J., sie war in den 1980ern in Augsburg stationiert)
Sad to see it go. One of the best assignments during my career.
(Terry H., in den 1970ern in Augsburg stationiert)
I was there 2 years, ’76 to ’78 … sad to see the history being destroyed as it so frequently is here in the US.
(Scott C., in den 1970ern in Augsburg stationiert)
The Americans there were one big family. I raised both my children there during their adolescence years to include graduating from Augsburg America high school. They as well as myself have wonderful memories of living there. It is a mixed bag of feelings to see what was once considered to be my home to be gone forever
(Rose H., Ehefrau eines Veterans)
Crying shame (demolishing Sheridan / Reese)
Thomas G., 1994-1997 stationiert in Augsburg)
We were the last unit to leave Augsburg in 1998. I was actually worried that I had full accountability for all office and room keys but apparently, they weren’t ever needed again. 🙁
(Paul H; stationiert in Augsburg in den 1990ern)
I guess I’m such an emotional wimp about my childhood! ? It seems here in the states our “new kids” have not even a clue about the Cold War. It all seems like yesterday to me! When I see these posts of all of it being changed/erased? (…) The work ethic, the sacrifices we all made and survived! It’s all freedom! I believe it! But it seems like it’s moving so fast as if none of it ever even mattered. It did matter! Our grandparents, parents who fought there are all now passing. (…) Forgetting to pass on our own history! The “Real” history we so much pushed during that time.
Krista C. (40 Jahre; ihre Eltern waren in den 80ern hier, sie ging hier zu Schule)
Auf engem Raum der Charakter einer Kaserne, zudem der allerletzte
amerikanische Fahnenmast, der in Augsburg noch exisiert
Diese Amerikaner kommen nicht nur als Touristen zurück nach Augsburg, sondern sie identifizieren sich immer noch mit Augsburg (sie tragen T-Shirts, Patches und andere Accessoires mit AUGSBURG darauf gedruckt). Sie haben ein ausgesprochen positives Bild von ihrem damaligen Leben hier, vom Zusammenleben mit den Deutschen, von der Kultur in Augsburg. Und sie sind stolz darauf, dass sie während des Kalten Krieges für den Frieden in Deutschland im Einsatz waren. Sie können deshalb nicht verstehen, warum alle Erinnerungen an diesen Teil der Geschichte Augsburg’s ausgelöscht werden sollen, als ob es etwas Negatives wäre woran sich niemand mehr erinnern will. Sie wundern sich warum kein Kasernen-Gebäude erhalten wird und in naher Zukunft nichts mehr an dieses Kapitel erinnern wird. Hier entsteht eine stadtgeschichtliche Lücke, wenn nichts mehr an diese Zeit erinnert.
Ein Erhalt der Gebäude auf dem Reese-Areal könnte nicht nur dieses Kapitel der Stadtgeschichte dokumentarisch am Leben erhalten – immerhin sprechen wir hier über 50 Jahre mit den Amerikanern als unsere Mitbürger in mehreren Stadtteilen – sondern auch vielen anderen gemeinschaftlichen Ideen dienlich sein: Begegnungszentrum fürs Viertel, kulturelles Zentrum, Austausch und Erinnerung in z.B. „Deutsch-Amerikanisches Freundschaftshaus“, Ausstellungen zu „american way of life“, stadtteilorientierte Veranstaltungen, um nur einiges zu nennen was möglich wäre. Für den Tourismus wäre das Reese Areal ebenso zuträglich: über öffentliche Verkehrsmittel gut zu erreichen und mit ausreichend Parkplätzen vor der Tür könnte hier der Besuch von umgenutzten Erinnerungsorten, kleines Museum in einem der Mannschaftsgebäude, kleine Gastronomie am Platz u.a. durchaus regelmäßige Einnahmen durch in der Stadt verweilende Amerikaner (und anderer) generieren.
Es ist davon auszugehen, dass die Besuche der Veteranen samt Familie die nächsten Jahrzehnte andauern werden. Die Housings von Centerville, Sullivan Heights und Cramerton stehen zwar ebenfalls (noch) in Augsburg, hier besteht aber kein öffentlicher Zutritt für Besucher und sie haben außerdem eine rein private Bedeutung für die Einzelnen. Eine Kaserne greift weiter darüber hinaus. Mit großer Begeisterung und Hoffnung haben die Veteranen reagiert, als sie diese Woche erfahren haben, dass sich in Augsburg eine Initative für den Erhalt von Gebäuden auf dem Reese Areal einsetzt. Es gab umgehend zahlreiche befürwortende Reaktionen in der erwähnten Internet-Gruppe. Viele der Veteranen sind bereit, selbst mitzuwirken hier in der Reese einen Erinnerungsort zu schaffen bzw. zu erhalten, etwa durch persönlichen Einsatz, materielle und finanzielle Mittel u.ä., d.h. solch eine Erinnerungsstätte aktiv zu unterstützen. Ein Ort für Amerikaner und Deutsche, ein Ort, der Vergangenheit und Gegenwart verbindet. Die wenigen noch vorhandenen Gebäude auf dem Reese-Areal sind die letzte Chance für Augsburg solch einen Ort mit dieser historischen Bedeutung (Kaserne, Post-WWII-History) in Augsburg zu schaffen. Ein Begegnungsort in einem anderen Gebäude sonst wo in der Stadt könnte die historische und individuelle Bedeutung nicht annähernd ersetzen. Andere Städte haben alte Kasernengebäude erfolgreich in neue Nutzungskonzepte integriert. Es wäre ein unschätzbarer Erfolg für Augsburg es ihnen gleich zu tun.
Brigitte Enzler, 06.02.20, Dipl.Soziologin (Univ.)